Redenschreiber: Die guten Geister im Hintergrund

Ghostwriting ist in vielen Unternehmen und Organisationen längst zur Normalität geworden.

Anderen Leuten sein Wort geben – ein merkwürdiger Job?

Der Beruf des Redenschreibers ist heute zwar bereits deutlich bekannter als noch vor zwanzig Jahren. Doch noch immer sind viele Menschen ganz verwundert, wenn sie erstmals mit der scheinbar gespenstischen Tätigkeit eines Ghostwriters konfrontiert werden. Sie stellen dann meist die beiden folgenden Fragen:

1. Warum schreiben viele Redner ihre Reden nicht selbst?

Dafür gibt es drei wesentliche Gründe:

  1. Mangelnde Zeit. TopmanagerInnen, PolitikerInnen und Prominente haben randvolle Terminkalender. Doch fürs Redenschreiben braucht man Zeit und Muße.
  2. Mangelnde Fähigkeit. Denn Reden schreiben will gelernt sein. Und für gute Redemanuskripte braucht man gute Redenschreiber.
  3. Mangelndes Wissen. Bekannte Persönlichkeiten sollen auf Kongressen oder bei gesellschaftlichen Anlässen häufig zu Themen sprechen, von denen sie wenig bis gar keine Ahnung haben. Sie müssen aber genau den gegenteiligen Eindruck erwecken – mithilfe eines Redenschreibers. Der hat zwar zunächst oft ebenfalls keine Ahnung. Doch er recherchiert wie ein Journalist, filtert aus dem Wust an Informationen die relevanten Kernaussagen – und zaubert daraus ein geniales Redemanuskript.

2. Wer schreibt die Reden denn dann?

  1. Mitarbeitende der unternehmensinternen Kommunikationsabteilung, zum Beispiel PressesprecherInnen.

Vorteile:

  • Als Kommunikationsprofis haben sie ein Gefühl für Sprache.
  • Eventuell haben sie bereits Erfahrung als Redenschreiber.
  • Sie kennen den Redner, die Strukturen, Abläufe und „Befindlichkeiten“ innerhalb des Unternehmens.
  • Sie sind evtl. „im Thema“.
  • Sie kosten nichts extra.

Nachteile:

  • Für Pressesprecher ist das Redenschreiben meist eine (lästige) Aufgabe von vielen – es besteht Stressgefahr.
  • Nur wenige Pressesprecher sind erfahrene Redenschreiber, die Qualität ist mitunter „suboptimal“.
  • Die gute Kenntnis des Unternehmens und der unternehmensspezifischen Themen kann zu „Betriebsblindheit“ führen. Zum Beispiel wird der interne Fachjargon oft vorausgesetzt. Das kommt bei einem branchenfremden Publikum nicht gut an.
  • Die Kommunikation zwischen ChefIn (RednerIn) und PressesprecherIn (RedenschreiberIn) ist hierarchisch – also nicht auf Augenhöhe.
  • Oder es kommt erst gar nicht zu einem direkten Kontakt, der Kommunikationschef fungiert als „Vermittler“.
  • Fruchtbarer Austausch, professionelle Beratung und konstruktive Kritik sind so nur schwer möglich.
  • Manche PressesprecherInnen befürchten sogar einen „Karriereknick“, wenn der Chef ihren Rede-Entwurf ablehnt.
  • Sie wollen auf keinen Fall etwas falsch machen und kopieren darum aus bereits „abgesegneten“ Dokumenten der Fachabteilungen – das Ergebnis: todlangweilig.
  1. Die persönlichen ReferentInnen der GeschäftsführerInnen oder Vorstände.

Vorteil:

  • Sie kennen ihren Chef und das Unternehmen.

Nachteile:

  • Die meisten „Assis“ sind chronisch überlastet und haben keine Zeit für die anspruchsvollen Aufgaben eines Redenschreibers.
  • Sie sind keine PR-Profis, sondern zum Beispiel Ingenieure, Juristen oder BWLer.
  • Dementsprechend wissen sie meist nicht, wie man eine gute Rede schreibt. Das traurige Ergebnis bekommt man leider nicht allzu selten zu hören.
  1. „Hauptamtliche“, fest angestellte RedenschreiberInnen.

Vorteil:

  • In der Regel Vollprofis mit einer Vergangenheit als JournalistInnen oder als freiberufliche RedenschreiberInnen.

Nachteile:

  • Betriebsblindheit, hierarchische Strukturen und Monotonie können die Kreativität lähmen.
  • Oft haben sie keinen direkten Kontakt zum Redner (das Briefing kommt vom Kommunikationschef).
  1. Externe RedenschreiberInnen

Vorteile:

  • Erfahrene Redenschreiberinnen und Redenschreiber können sich schnell in den jeweiligen Redner einfühlen und schreiben ihm die Rede auf den Leib.
  • Als externe Dienstleister können sie auf Augenhöhe und vertraulich mit den RednerInnen kommunizieren.
  • Sie haben den „Blick von außen“, erkennen das Wesentliche.
  • Sie recherchieren schnell und effizient und erfassen die Kernpunkte.
  • Sie wissen, mit welcher Rede-Dramaturgie, welchen Inhalten und welchen rhetorischen Stilmitteln der Redner das Publikum mitreißen und begeistern kann.
  • Nicht selten beraten RedenschreiberInnen ihre Kunden zusätzlich als Rhetorikcoaches.

Nachteile:

  • Die externen Redenschreiber kennen (zunächst) den Redner sowie das Unternehmen/den Verband/die Institution und die dort herrschende Kultur nicht oder nur oberflächlich.
  • Komplexe, spezifische Themen sind für einen externen Redenschreiber manchmal schwer zu durchschauen.
  • Der Auftraggeber kann an einen schlechten Redenschreiber geraten.
  • Erfolgreiche Redenschreiber sind nicht gerade billig.

Eine ausführliche Anleitung, wie man systematisch und effizient eine gute Rede schreibt,
findest Du hier.

Und hier ein Video:

Video: Anleitung, wie man eine Rede schreibt

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